Ich möchte Dich ermutigen, Deine Narben zu feiern.
Narben bilden sich als Schutz in den Bereichen, in denen der Körper verletzt wurde.
Sie sind das natürliche Ereignis im Wundheilungsprozess des Körpers.
Und wir alle haben welche.
Wir werden verletzt, gehen durch schwierige Phasen und erleben Schmerz. Manchmal heilt eine Wunde und man sieht sie nicht mehr. Es gibt aber auch Wunden, die so tief sind, dass sie zwar heilen - der Schmerz wird weniger, verschwindet sogar, aber sie hinterlassen eine Narbe.
Wir haben physische Narben, Narben die wir sehen können und wir haben unsichtbare Narben. Die Narben von inneren Verletzungen.
Narben einer Scheidung oder Trennung. Die Narbe, die entstanden ist, durch verletzende Worte. Die Narbe, die durch einen Fehler entstanden ist, den wir selber gemacht haben.
Meistens versuchen wir diese Narben zu verstecken. Denn wir können ihnen nichts positives aberkennen. Sie erinnern uns an den Schmerz, die Krankheit, den Betrug, die Erfahrung und an die jeweilige Verzweiflung. Wir wünschten, sie wären nicht da, würden einfach verschwinden.
Aber wir müssen lernen unsere Narben in einem neuen Licht zu sehen.
Wir haben diese Narben nicht bekommen, um uns von ihnen entmutigen zu lassen. Sondern sie stehen dafür, durch was wir hindurch gegangen sind und was wir gemeistert haben.
Wenn du deine Narbe siehst oder spürst, ruf dir nicht den Schmerz vor Augen, sondern denke an das, was du geschafft hast.
Eine Narbe bedeutet, die Wunde ist geheilt. Eine Narbe bedeutet, der Schmerz ist vorbei. Du kannst vorwärts gehen.
Statt das zu bedauern, was passiert ist und statt bitter zu sein, lass dich von deiner Narbe daran erinnern, wie stark du bist.
Wir alle erleben auch Schwieriges und erleiden Schmerzen. Wie wir den Schmerz umwandeln und transformieren, ergibt eine tiefere Beziehung zu uns.
Wir dürfen lernen, unsere Narben offen zu zeigen, die physischen und die inneren.
Denn es macht etwas mit uns und den Menschen um uns herum.
Sie sind kein Makel. Du brauchst dich nicht zu schämen, durch was du hindurch durchgegangen bist. Was du erlebt und gemeistert hast.
Wir können mit unseren Narben im Frieden sein. Sie können uns sogar stolz machen.
Wir alle werden verletzt. Verletzen uns selber. Den Schmerz, den du fühlst, fühlen unzählige Menschen auch. Wir erleben Dinge, die wir nicht vorhersehen konnten. Eine unerwartete Krankheit. Einen Verlust. Menschen, die sich gegen uns entscheiden oder stellen. Und unsere eigenen Fehler erst..
Aber statt in dem ‚warum ich‘ und ja - im Selbstmitleid zu schwelgen - lass uns unsere Perspektive ändern.
Irgendetwas hat uns beschützt. Ein Schutzengel stand an unserer Seite in dieser vergangenen Situation und hat uns begleitet, sodass wir durch diese Erfahrung gehen und sie durchstehen konnten.
Woher du das weißt? Du hast deine Narbe, die es beweist.
Schäm dich nicht für deine Narbe. Lass dich nicht herunterziehen von deiner Narbe.
Lass sie ein Beispiel dafür sein, wie stark und widerstandsfähig du bist.
Deine Narbe muss nicht für den Schmerz stehen. Sie kann für deine Stärke stehen. Für das, was du überlebt hast.
Natürlich war es nicht leicht, diese Narbe entstehen zu lassen und die Wunde heilen zu lassen, aber du hast es geschafft.!
Was du verstehen musst, oder du dir bewusst machen kannst, ist, dass selbst wenn du mittendrin bist, in der Trauer, in der Angst, in der Unsicherheit - mit all deinen Fragen und ohne Antworten - dass du trotzdem wächst.
Du lernst gerade Dinge, von denen du nichts wusstest. Du bist ein(e) andere(r), als noch gestern und in zwei weiteren Wochen wirst du wieder anders sein.
Für viele Menschen ist der Initiator, der sie dazu veranlasst einen Prozess des positiven Zerfalls zu beginnen, häufig der Verlust einer wichtigen Beziehung, eines Arbeitsplatzes oder eines Familienmitglieds. Auf die eine oder andere Weise wurde dir etwas genommen, von dem du erwartet hast, dass es auf absehbare Zeit da sein würde.
Auf diese Weise wurde unser Sicherheitsgefühl massiv gesprengt.
Zu heilen bedeutet, dorthin zurück zu finden, wie es war, bevor du verletzt wurdest aber nicht zu dem, der du damals warst. Die Magie besteht darin, zu verstehen, dass du wieder glücklich sein kannst, während du gleichzeitig weniger naiv bist. Dass du etwas aus deinen Erfahrungen gelernt hast.
Du bist nicht bereit zu heilen, es sei denn, du bist bereit das Gelernte zu nehmen und es zu einem Teil von dir zu machen. Wenn dieser Moment kommt, merkst du, dass du dich tatsächlich wohler fühlst als je zuvor, weil du dir jetzt selbst vertrauen kannst. Du hast etwas gelernt. Du weißt es besser. Also kannst du auch bessere Entscheidungen treffen. Genauso wie Narben unsere physischen Wunden heilen, verändern wir uns innerlich und werden stärker, wo wir gebrochen waren.
Gefühle bleiben oft bei uns und in uns, bis sie uns gesagt und gezeigt haben, was wir wissen und lernen müssen. Die Narben erinnern uns dann daran, was wir gemeistert haben. Deine Narben zu verstecken verstärkt das Stigma der Nichtakzeptanz all jener Teile deiner Lebensreise. Wenn du diese Erfahrungen ablehnst, bleiben die Gefühle, die damit einher gehen auch mit verschlossen.
Narben sind nicht dafür da, versteckt zu werden. Sie stehen für das, was wir erlebt haben. Gemeistert haben. Worüber wir herausgewachsen sind.
Es geht vorwärts. Das Leben wartet auf dich. Du hast eine Aufgabe.
Jemand anderes braucht, was du zu geben hast. Jemand anderes braucht dein Lächeln. Jemand anderes braucht deine Fähigkeiten, deine Liebe, das eben, was nur du geben kannst.
Deine Narben bedeuten nicht, dass du jetzt beschädigt und fehlerhaft bist, sondern zeigen deinen Charakter. Sie sind deine Kampfspuren, die zeigen, dass du mit dem Leben getanzt hast, und sie erzählen deine Geschichte.
Teile deine Gefühle und deine Geschichte mit Freunden, und, wenn du dich wohl fühlst, auch mit anderen.
Deine herausfordernde Erfahrung mag hart und unendlich schmerzvoll gewesen sein, aber es kann auch das sein, was du brauchtest, um dich außerhalb deiner Komfortzone in eine neue Richtung zu bewegen. Manchmal bauen unerwarteten Rückschläge die ‚Muskeln‘ auf, die irgendwo tief und ganz weit unten, unter der Angst oder der Selbstzufriedenheit in uns versteckt waren. Nun hast du deine Ängste erlebt, hast eine Narbe gebildet und siehst, dass du es geschafft hast.
In Japan gibt es eine wunderschöne Tradition. Wenn Tassen oder Teller zerbrechen, werden sie wieder zusammengesetzt, wobei die Risse mit Gold gefüllt werden, wodurch ein wunderschönes Muster entsteht. Dies soll die Schönheit dessen betonen, was einst gebrochen war. Das Besondere dabei ist, dass nicht versucht wird den augenscheinlichen Makel der Reparatur zu verbergen, sondern indem mit Gold gearbeitet wird und die Teile wieder zusammengesetzt werden, wird eine völlig neue Schönheit und Wertschätzung erschaffen.
Sie glauben, dass etwas das Schaden erlitten hat und eine Geschichte hat und es schöner macht.
Und das Gleiche gilt für Menschen. Alles, was wir durchgemacht haben, alles, was du durchmachst, macht es dein Leben hässlicher?
Obwohl es vielleicht so aussehen mag, wenn wir mittendrin sind und es durchlaufen, liegt es an uns, unsere Wunden mit Gold zu füllen und ihnen die Bedeutung zu geben, die sie verdienen. Du bist nicht irreparabel kaputt.
Du kannst dich wieder aufrichten und du kannst deine Narben stolz als Ehrenzeichen tragen, als ob du sagen würdest: Schau, was ich durchgestanden habe, es hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin und ich kann alles durchstehen, was mir das Leben noch so bringt.
Wenn dich etwas entmutigt und du denkst, ein Hindernis oder eine Situation, die du gerade erlebst, ist zu groß oder zu schwierig, um bewältigt zu werden, dann schau dir deine Narbe an. Lass dich erinnern. Du hast es dort hindurch geschafft, du hast diese Wunde heilen lassen, jetzt kannst du auch mit dieser Situation umgehen.
Das Leben soll nicht im Verborgenen gelebt werden. Der gesamte Stoff, das Material, das dich ausmacht, macht deine Geschichte einzigartig und reich an Weisheit.
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Diesen Beitrag und mehr Impulse und Methoden gegen Angst und über den Umgang mit Schmerz gibt es in meinem Podcast 'Calm is your Superpower'.
Bei Itunes, Spotify, Youtube und auf meiner Webseite.
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